→ Rundgang durch unsere Kirche in Bildern ...
Nierst (''Niederseist") ist urkundlich erstmalig im Jahre 1166 erwähnt. Die Ortsgründung selbst muß schon Jahrhunderte früher erfolgt sein. Über die Kapellengründung in Nierst gibt es leider bis heute keine gesicherten Quellen. Spätestens jedoch mit der Erschließung des linken Rheinufers durch die Mönche von Suitbertswerth, dem heutigen Kaiserswerth, um das Jahr 700 darf man annehmen, daß hier eine Kapellengründung erfolgte.
In den Anfängen der rheinischen Kirche finden sich häufig die frühchristlichen Märtyrer und Heiligen als Schutzpatrone, eine Sitte, die bis ins 9. Jahrhundert gepflegt wurde. Deshalb darf man auch voraussetzen, daß die Wahl der Nierster Kirchenpatrone Cyriakus ( + 303) und Laurentius ( + 258) auf eine Gründung während der genannten Zeitperiode zurückgeht.
St. Cyriakus war einer der sogenannten vierzehn Nothelfer; er war römischer Diakon und wurde in Persien, dem heutigen Iran, unter dem Christenverfolger Diokletian wegen seines Glaubens ermordet.
Das Gelände des heutigen Seisthofes liegt auf einer Anhöhe, die damals von mehreren Rheinarmen als Insel (Seist) eingeschlossen wurde. Auf dieser höchsten Erhebung des Ortes befindet sich die erste Zelle des späteren Dorfes Niederseist (Nierst). Auf diesem Areal stand noch bis 1896 die alte Kapelle zum hl. Cyriakus, deren Turm etwa 18 m hoch war. Um 1450 wurde das alte Langhaus abgebrochen und ein Neubau im spätgotischen Stil errichtet, das Kapellchen war einschiffig - 13,4 m lang und 4,55 m breit und hatte einen dreiseitigen Chorabschluß. Die Kapellengröße richtete sich nach der Seelenzahl; man legte die Maße so aus, daß für jeden Pfarrangehörigen ein Sitzplatz vorhanden war.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts mußten viele Reparaturen vorgenommen werden. So wurden 1779, 1782, 1790 und 1801 Dachreparaturen erforderlich, im Jahre 1784 "hatte das Rheinwaßer den Capellen Fuß auß gewühlet", am 6. Mai 1792 drückte ein Sturm alle Fenster ein.
Dennoch wurde die Kapelle offenbar rege genutzt, wie ein Eintrag in der Nierster Schulchronik vom 5. November 1876 vermuten läßt. "Höchstens an zwei Wochentagen mit den Kindern in die Messe und nur mit der Oberklasse. Die Messe darf nur eine halbe Stunde dauern. An Sonntagen ist das Kichgehen den Eltern freigegeben, der Lehrer ist an Sonntagen in diesen Beziehungen von allen Verpflichtungen entbunden".
Da die alte Kapelle am Seisthof durch Kriegseinwirkungen und Hochwasser stark gelitten hatte, entstand eine Diskussion, ob man sie renovieren und erweitern sollte, oder ob ein Neubau in Aussicht genommen werden kann.
Am 10. August 1871 fand eine Versammlung in der Wirtschaft von Heinrich Hüsges statt zur Besprechung eines neuen Kapellenbaus. Das war der erste Anstoß. Ein anderer Teil der Nierster bemühte sich dagegen um die Erweiterung der alten Kapelle. Es sollte über 20 Jahre dauern, bis eine endgültige Entscheidung getroffen wurde.
Am 29. Mai 1882 stimmte der Kirchenvorstand in Lank einem Plan zum Neubau der Kapelle in Nierst zu, der auf Anregung des Ortsvorstehers C. Horster in Verbindung mit Vicar Raeß erstellt worden war. Es sollte um die Genehmigung zum Neubau und die hierzu nötige mehrjährige Umlage für die Einwohner der Kapellengemeinde Nierst bald nachgesucht werden.
Dennoch planten einige Nierster noch 1888 Umbau und Erweiterung der alten Kapelle. Ein entsprechendes Gesuch wurde vom Erzbistum Köln am 20. April 1889 wohlwollend genehmigt Dieser Plan wurde dann aber doch nicht realisiert und man wandte sich kurz danach den Neubauplänen zu.
Man hatte sich auch überlegt, wo die neue Kapelle erbaut werden sollte, auf keinen Fall am alten Platz beim Seisthof, denn man wollte unter allen Umständen Schäden durch Hochwasser in Zukunft vermeiden. Der Neubau sollte demnach hochwasserfrei an dem höherliegenden Fahrweg von Langst nach Gellep entstehen, der zu der Zeit noch unbefestigt war (heutige Stratumer Straße).
"1894: Am Sonntag, den 27. Mai, fand hierselbst die feierliche Grundsteinlegung zu unserer neuen Kapelle statt.
Nachdem um 4 Uhr die feierliche Einsegnung des Grundsteines, der an der Frontseite die lateinischen Worte über einem Kranz trägt:
Lapis primarius 1894,
in der alten Kapelle erfolgte, wurde derselbe in Prozession zu dem Bauplatz gebracht Hier hatte sich eine Menge von Gläubigen versammelt. Der Platz, der mit Kränzen und Girlanden geschmückt und von flatternden Fahnen umweht war, gewährte einen schönen Anblick. Als die Prozession angelangt, bestiegen die Geistlichkeit und die obrigkeitlichen Behörden die Grundmauer. Hierauf verlas Vikar Alsdorff die erzbischöfliche Erlaubnis zur Einsegnung des Grundsteins durch den Herrn Pfarrer Kocks aus Lank, und zuerst in lateinischer und dann in deutscher Sprache das Schriftstück, das in den Grundstein eingemauert wurde.
Der feierliche Akt vollzog sich nach den kirchlichen Vorschriften. Zum Schlusse hielt Herr Pfarrer Kocks eine schöne Ansprache, worauf der allgemeine Gesang: "Großer Gott, wir loben Dich!" die Feier beendete. Die neue Kapelle ist zu Ehren der heiligen Schutzpatrone Cyriakus und Laurentius geweiht. Dieselbe mißt in der Länge 15 m im Lichten und 8 m in der Breite."
Der Maurermeister Adam Reiners aus Lank bekam den Bauauftrag und führte ihn mit 6 Gesellen innerhalb einer Rekordzeit von zehn Monaten aus, für den Preis von 30.000 Mark.
Lehrer Schoenen hielt dann die Einweihung am 25. März 1895 wie folgt fest.
"Seit vielen Jahren war die kleinere Glocke hiesiger Kapelle gesprungen. Dieselbe wurde in diesem Jahr von dem Glockengießer Andreas Hamm aus Frankenthal, Rheinbaiern umgegossen. Mit der größeren Glocke, die einige Schwingungen tiefer als das hohe cis ist, bildet sie die kleine Terz, ist also einige Schwingungen tiefer als das hohe e."
Am Sonntag, den 24. März wurde die neue Glocke von der Ortsgeistlichkeit und dem Rektor von Strümp eingesegnet. Sie trägt die Inschrift.
Me fudit 1895, aedificato sacello 1894, Andreas Hamm in Frankenthal, me benedicit Parochus Kocks in Lank, ut ss. Patr. Martyr. Cyriaci et Laurentie laudem clangam, fulgura frangam.
Am folgenden Tage wurde unsere neue Kapelle durch den Herrn Pfarrer Kocks begleitet von dem Herrn Vikar Alsdorff und dem Rektor Render aus Strümp eingeweiht.
Eine große Menschenmenge hatte sich angesammelt, um dieser seltenen Feier beizuwohnen. Um halb 11 Uhr wurde die Geistlichkeit in Prozession bei dem Ortsvorsteher Stapper abgeholt, und zur herrlich geschmückten neuen Kapelle begleitet. Hier wurde dieselbe von mir, als dem Vertreter des Baukomites, dem Kirchenvorstande, dem Vertreter der katholischen Kirche übergeben. Darauf begannen die vorgeschriebenen kirchlichen Zeremonien. Den heiligen Handlungen und dem darauffolgenden feierlichen Hochamte wohnten außer vielen geladenen Gästen der Herr Bürgermeister Kemper aus Lank und der Erbauer der Kapelle, Herr Architekt Sültenfuß aus Düsseldorf bei. Ungeteilten Anklang fand der Lanker Kirchengesangverein, der es verstand, durch seinen präzis eingeübten Gesang die kirchliche Feier zu heben. Des Nachmittags schloß eine Andacht die kirchliche Feier Im Daniel'schen Saale fand des Abends ein Volksfest statt. Ernste und heitere Reden wechselten ab mit Gesangvorträgen obengenannten Vereins. Jedem Bewohner unseres Ortes wird dieser schöne Tag unvergeßlich bleiben."
Im Februar des Jahres 1896 wurde dann die alte Kapelle am Seisthof niedergelegt.
Seither wurde auch an der neuen Kirche etliches verbessert. So gab es z.B. bis zum letzten Krieg keine Heizung, man mußte sich im Winter für den Gottesdienst schon warm anziehen. Der Organist konnte bei Kältegraden unter Null das alte Harmonium nur mit Handschuhen traktieren, und mehr als einmal waren die Kännchen mit Wein und Wasser eingefroren.
Die Kirche wurde 1973 als typische Dorfkirche auf Vorschlag des Lanker Heimatkreises unter Denkmalschutz gestellt. 1975 wurde sie von Grund auf renoviert, wobei das Mauerwerk aus Feldbrandsteinen nach Entfernung von Putz und Mörtel als schönstes Innendekor voll zur Geltung kam und dem Bau ein echtes rustikales Aussehen verleiht, ohne die sakrale Atmosphäre zu stören. 1980 wurden die Seitenfenster nach Entwürfen von Rolf Lippold emeuert.
Im Turm hängen drei alte und zwei neue Glocken; die größte ist den vier Evangelisten geweiht. Nach dem Nierster Lagerbuch hat diese Glocke bereits vor 200 Jahren in der alten Kapelle geläutet und zählt somit zu den ältesten Glocken des Niederrheins
1991 wurde eine neue Orgel angeschafft.
(Aus: 100 Jahre St. Cyriakus Nierst, "Was war vor 100 Jahren" - Zusammengestellt nach: Addo Winkels "Nierst - ein Dorf am Niederrhein" erschienen im "Länkter Bott")