Gemeinde St. Stephanus, Meerbusch-Lank

in der Pfarrei Hildegundis von Meer

 

 

(c) CC0 1.0 - Public Domain (von unsplash.com)

Datum:
Fr. 25. Okt. 2024
Von:
Norbert Viertel

In meinem letzten Urlaub fand ich an einem alten Fachwerkhaus eine Tafel mit dem folgenden Spruch angebracht: „Dieses Haus ist mein und doch nicht mein. Der vor mir war, dachte auch es wäre sein. Er zog aus, ich zog ein. Nach meinem Tod wird es wieder so sein.“

Hier wird uns nur vor Augen geführt, was kennzeichnend für unser Dasein ist. Alles, was wir unser eigen nennen vergeht. Nichts bleibt. „Alles ist Windhauch, eitel“, wie es im Buch Kohelet steht. Im 17. Jahrhundert hat Andres Gryphius einen ähnlichen Gedanken formuliert. Er schreibt: „Es ist alles eitel; Du siehst, soweit du siehst, nur Eitelkeit auf Erden. Was dieser heute baut, reißt jener morgen wieder ein.“ (A. Gryphius, 1637, Sonett). Zu akzeptieren, dass alles unbeständig und vergänglich ist, fällt schwer, besonders wenn es um das eigene Leben geht. Doch der Fluss des Lebens lässt sich nicht aufhalten.

Der Monat November lädt uns mit seinen zahlreichen Gedenktagen dazu ein, ein Memento mori, ein Erinnern an den eigenen Tod einzulegen. Der Allerseelentag könnte eine passende Gelegenheit dafür sein. Hier kann ich auch an jene Menschen denken, die einmal so ganz selbstverständlich zu meinem Leben gehörten, die mit mir am gleichen Tisch gesessen haben, mit denen ich gelacht und manchmal auch gestritten habe. Sie meinen vielleicht, dass ein solches Gedenken schrecklich sei? Keineswegs, sondern heilsam, geradezu beruhigend. Das Gedenken schenkt uns die Freiheit, das Loslassen einzuüben. Man kann damit die vielfältigen Wechsel der Zeiten und auch die Anzeichen der eigenen Vergänglichkeit mit größerer Gelassenheit wahrnehmen. Diese Gelassenheit wird möglich, wenn ich in dem Glauben lebe: Jenseits unserer Welt mit ihrer Unbeständigkeit wartet eine schützende Hand, in der alles und alle aufgehoben und geborgen sind. „Nur wer im Tod eine große Hoffnung erkennt, kann auch ein Leben leben, das von der Hoffnung ausgeht.“ (Benedikt XVI., Ansprache während der Generalaudienz am 2. November 2011).

Im Vertrauen können wir daher beten: Gütiger Gott, das Wissen um meinen Tod reißt mich heraus aus meinem Alltagstrott. Ich erkenne: Dieser Tag heute ist eine einmalige Gelegenheit! Dieser Tag ist so unendlich kostbar.

Ihr Pastor
Norbert Viertel